Sonntag 27. Nobember

Die Gruppe fährt zum nahe gelegenen Sitio, um sich von den Mitarbeitern der Favela da paz zu verabschieden. Es wird ein Festtag, ein Tag der Dankbarkeit. Mein Körper verlangt eine Besinnungspause. Ich habe bereits eine fiebrige Nacht hinter mir. Es ist, als würde ich zwischen den Welten schweben. Oft taucht Mena in meinen Fieberträumen auf und ich weiß, dass sie ihren Körper verlassen wird. Mena war eine enge Freundin unseres Projektes, hat einige Zeit in Tamera gelebt, sie war auf einigen Pilgerschaften dabei und hat die Organisation größerer Treffen in Tamera und auch die Pilgerschaften mit viel Liebe und Kraft begleitet hat. Sie war eine Suchende mit großem globalen Herzen und hat ihre Verbindung nach Palästina und nach Israel immer mehr vertieft in den letzten Jahren. Viele haben sie sehr geliebt. Noch in Kolumbien erfuhr ich von ihrer Diagnose und nahm mit ihr Kontakt auf. Sie wollte leben. Ich habe sie in den letzten Wochen intim begleitet in meinen Meditationen, und sie tauchte immer wieder in meinen Träumen auf. Es ist schwer zu akzeptieren, dass ein Mensch so früh aus dem Leben gerufen wird, der eigentlich leben möchte. Gibt es einen höheren Willen? Am Abend erfahren wir, dass Mena ihren Körper verlassen hat. Sie starb wohl recht friedlich und viele intime Verbindungen auch zu ihrem Vater haben in diesen Tagen des Übergangs eine große Tiefe gefunden. Für diejenigen, die zurückbleiben, ist es dennoch immer wieder eine hohe Übung, zu akzeptieren, dass wir manchmal nicht eingreifen können. Das Leben selbst scheint einem höheren Plan zu folgen.

Zwei uns nahestehende Seelen haben während dieser Reise ihre Körper verlassen. Leben und Tod – dieses Thema ist dauernd präsent. Wir müssen den Tod hineinnehmen in unser Leben, in unsere Wirklichkeit, um unser Leben voll leben zu können.

Ich fühle, wie mein Körper zu arbeiten beginnt. Er braucht Ruhe und Verdauung, um all die Eindrücke verarbeiten zu können. Ich fühle, wie das Fieber kommt und meinen Körper einholt. Ich kann mich nur noch hingeben.