Es ist so weit. Endlich um 11.00 Uhr, nach letzten Besorgungen, treffen wir unseren Taxifahrer und wir fahren nach San José de Apartado. Es regnet in Stömen und ist gleichzeitig sehr warm. Man fühlt sich wie in einem Gewächshaus und möchte immer die Tür öffnen.
Die Strasse ist nur schwer befahrbar, wird aber repariert. Der Consejo (der gewählte verantwortliche Trägerkreis der Gemeinschaft) musste kurzfristig los, zusammen mit Vertretern der Paloma (eine internationale Gruppe aus Italien), die jetzt nach der Coronakrise wieder hier in der Gemeinschaft sein können. Es sind die einzigen internationalen Helferkräfte vor Ort. Alle anderen wurden vor zwei Jahren abgezogen, und so war die Gemeinschaft lange Zeit sich selbst überlassen.
Wir werden herzlich begrüsst. Ich möchte hier Brigida hervorheben, die einige Male bei uns in Tamera war. Sie erzählt uns von dem Leben hier, davon, was die Gemeinschaft in den Coronazeiten durchlebt hat und auch über die Schwierigkeiten innerhalb der Gemeinschaft.
Es klingt ein bisschen ähnlich, wie ich es von vielen Gemeinschaften höre. Es braucht eine hohe Kraft des Durchhaltens und der Verbundenheit mit der Vision. “Die Schwierigkeiten, die wir durchlaufen, gibt es überall. Weltweit. Wir alle machen die gleichen Prozesse durch in den Gemeinschaften.” sagt sie
Die Gemeinschaft hat sich enorm verkleinert. Als wir sie kennenlernten waren es weit über 1000 Mitglieder. Es war eher eine Art Notgemeinschaft, um sich gegen die Bedrohung von Militär und Paramilitär zu wehren. Zusammen mit Eduar Lanceiro (der vor einigen Jahren verstorben ist) und dem Padre Javier Giraldo gründeten sie eine gewaltfreie Bewegung der Resistencia. (Mehr Hintegründe findet ihr auf unserer Webseite: www.tamera.org) Ausserdem ist vor zwei Tagen ein wunderer Artikel in Rubikon veröffentlicht worden, wo man auch mehr erfahren kann über die Hintergründe unserer Arbeit: Eine Gegenwart ohne Krieg | Rubikon-Magazin
Einige haben die Gemeinschaft verlassen, weil ihnen Geld angeboten wurde, andere, weil sie einfach den Glauben an die Vision verloren haben. Brigida erzählt das alles sehr warmherzig und ohne jede Art von Verurteilung. Sie sagt:”Es ist gut, diejenigen, denen es zu schwer wird, sollten lieber gehen. Wir bleiben in gutem Kontakt. Diejenigen die hier bleiben, wollen es wirklich und wissen, warum sie hier sind”.
Wir sitzen auf ihrer kleinen Terrasse. Es kommen immer mehr Bewohner dazu. Andrea, die quasi die Sprecherin für San José aus Tamera ist hat die Gemeinschaft am meisten besucht. Sie hat zur Zeit des Globalen Campus ihr Wissen als Krankenschwester eingebracht , kennt die Geschichte der einzelnen BewohnerInnen besonders intim und ist hier von allen sehr geliebt. Sie hat den unmittelbaren Kontakt zu den Menschen und es ist enorm, mit welchen Sprachkenntnissen sie sich hier bewegt. Die Menschen lieben sie.
Wir gehen über den Ort, begrüssen die Menschen, die Steinsetzungen, die wir hier vor vielen Jahren während einem Globalen Campus mit der Gemeinschaft gesetzt haben, die kleine Kapelle, die sie später errichtet haben. In der Kapelle haben sie mit viel Liebe Glasfenster eingebaut, jedes Fenster macht ein Kosmogram sichtbar, die wir gemeinsam erarbeitet haben und die auch in die Steine gemeiselt wurden. Wir essen zu Abend, richten uns ein in unserem “Fünfsternehotel”, umgeben von Katzen, Moskitos, Kindern, Hühnern und einem munteren Treiben. Wir sind im internationalen Haus untergebracht. Es steht leer, seit einigen Jahren. Eine Holzbaracke, durch die Ritzen der Wind weht, wenn es besonders heftig regnet, mit kommt mit den Windböen auch Wasser ins Haus, sie ist mit einem Wellblechdach bedeckt. Wir fühlen uns hier zu Hause! Und sind froh, dass wir hier sein können. An der Wand ein Gemälde von Bijou, einer Mitarbeiterin von Tamera, und im Regal steht ein kleines Döschen Tamera-Salz aus Aldeia da luz.