23. November

23. November

Eine wache Nacht. Ich habe das Gefühl, einen halben Meter über meinem Bett zu schweben, immer noch befasst mit der Nachricht des Nachfalters.

Ist es eine Botschaft von Mena, die zwischen Leben und tod schwebt? Ich träume viel, aber kann die Träume nicht wirklich behalten. Früh morgens stehe ich auf, um meine Meditation zu machen und Tagebuch zu schreiben. Rajendra ist meistens einer der ersten am frühen Morgen, der mir über den Weg läuft. Ich begegne ihm, weinend. Er hat am frühen Morgen erfahren, dass sein Bruder sehr plötzlich durch einen Herzinfarkt verstorben ist. Rajendra erzählt über seinen Bruder, “Er war so etwas wie mein Schatten. Er hatte kein Ego, er hat sein ganzes Leben in den Dienst gestellt an meiner Arbeit. Wenn ich eine Idee hatte, musste ich es ihm nur sagen und er hat alles für ihre Verwirklichung getan.” Es ist klar, dass Rajendra jetzt abreisen wird. Ich überlege, was jetzt zu tun ist. Eine innere Stimme sagt mir, dass wir jetzt etwas tun müssen.  “Zündet ein Feuer im Garten,” sagt mir eine innere Stimme. Ich pendle zwischen den Menschen hin und her, frage Rajendra, was sein Bild ist, das ihm jetzt hilft und in Blitzesschnelle haben wir mit Hilfe von Vera, Aida, Miguel Angelo und anderen eine kleine Feuerstelle im Hinterhof aufgebaut, kleine Opfergaben, wie Reis, Körner, Blumen, Fett vorbereitet und versammeln uns am Feuer. Alle bringen ihre Bewegtheit zum Ausdruck, indische Mantren, englische Lieder, Gebete oder schweigendes Gebet. Hier ist es keine Frage, welcher Religion wir angehören, hier mixen sich die Kulturen zu einem machtvollem Ritual, an dem wir alle beteiligt sind. Manchmal ist mir, als könne ich die Seele des verstorbenen Bruders Ramendra, fühlen. Auch Mena ist manchmal sehr präsent. Ich bin dankbar, dass wir dieses Ritual vollzogen haben. Schlicht und doch tief, ein bisschen mit dem Gefühl, dass sich die Welten miteinander verbinden und ordnen.

 Am Nachmittag bekommen wir Besuch von einer Familie der Huni Kuni, ein indigener Stamm, der die Augabe angenommen hat, an interessierte Menschen ihr indigenes Wissen weiter zu leiten. Sie sind gekommen, um über ihre Arbeit berichten. Sie haben ihre traditionelle Kleidung an, mit Federschmuck auf ihren Köpfen, holen sie uns durch ihre Berichte und Gesänge für zwei Stunden in ihren Bann. Eine unter ihnen ist gerade mal 20 Jahre alt, aber ihre Stimme füllt den Raum, als stünde ihre ganze Ahnenreihe mit ihr. Wir werden eingeladen mit ihnen eine Medizinreise zu vollziehen, ein Ritual mit ihrer heiligen Medizin. Dies löst eine Diskussion in der Gruppe aus, pros und contras werden ausgetauscht. Für mich ist es klar, dass ich mich auf eine Medizinreise ganz anderes vorbereiten möchte. Ausserdem weiss ich, dass ich an Rajendras Seite stehen möchte, bis er fährt. Er fällt mir zwischendrin immer wieder weinend in die Arme. Er hat eine sehr schöne Art, mit dem Schmerz und der Tauer umzugehen, ohne sentimental zu werden.   Fernando, ein indigener Vertreter aus Bolivien, ehemaliger Aussenminister unter Evo Moralres, sagt, dass es für sie selbstverständlich ist, dass sie sich vorbereiten, um sich mit dem Spirit der Pflanze zu verbinden. Sie fasten vorher um den Purpose zu finden, und sich seelisch einzuschwingen. Wir neigen dazu, alles unter unser persönliches Licht zu stellen, die Pflanze aber ist Botschafterin der Erde, wir stellen uns persönlich in diesem Zusammenhang ganz zurück und haben ein gemeinsames Vorhaben, wenn wir unsere rituale mit der Medizin verbringen.

Schliesslich fährt eine Gruppe von 11 Menschen in das nahe gelegene Sitio, einige von ihnen nehmen Medizin, andere nehmen teil, einfach um Zeuge zu sein von diesem Vorgang. Später erfahren wir, dass German und Levis, die beiden Vertrater der Friedensgemeinschaft zentrale Träger des Vorganges waren, ohne dass sie selbst Medizin genommen haben.

Es war ein gemeinsames Fest eine Zelebration. Wir haben parallel Rajendra verabschiedet. Martin hat ihn bis zu seinem Flug begleitet. Rajendra bittet Martin und andere im Dezember nach indien zu kommen. Es ist ihm wichtig eine globale Allianz zu bilden, die sich für die Rechte des Wassers einsetzt. Dies ist eine globale Angelegenheit. Wer sich der Heilung des Wassers zuwendet, wird automatisch weitergeleitet zu den Grundlagen wahrer Gemeinschaft, zum Thema Kooperation und Autarkie. Die Seele des Wassers wird uns lehren, auf die Stimme des Lebens und der Erde zu hören.