Während wir hier zusammen sind, wird Rojava angegriffen, einer der wenigen Orte, wo Menschen versuchen eine dezentrale autonome Lebensform zu entwickeln. Hat die Allianz dazu eine Stimme? Können wir etwas bewirken? Wieviel kann unsere Seele tragen und aufnehmen?

In einem intime Gespräch erzählt uns Fernando ein wenig über die herausfordende Situation in Bolivien. Er berichtet, wie es für sie war, als sie plötzlich an die Macht kamen, eine Gruppe indigener Vertreter des Landes, die noch gar nicht vorbereitet waren darauf, ein ganzes Land zu regieren. Trotzdem haben sie alles daran gesetzt, die Armut im Land zu verringern, die Erdrechte zu berücksichtigen, Antworten zu finden auf die desolate ökologische Situation des Landes und den Hunger. Sie waren der Situation nicht gewachsen, vor allem nicht den vielen Verleumdungen, die dann weltweit verbreitet wurden über Evo Morales, der weltweit inzwischen als Betrüger gesehen wird und jetzt verfolgt wird und Redeverbot hat. Fernando kennt ihn gut und weiss, dass die Vorwürfe nicht stimmen.

Zwischen all den Gesprächen führt uns Cláudio zusammen mit zwei Gästen durch den Slum hin zu einem Ort, an dem sie ein weiteres Projekt planen, ein “kleines” Heilungsbiotop mit nachhaltigen Gebäuden, mit Permakultur und einem Kulturzentrum für den Slum. Er zeigt uns eine Halle, die nahe dran ist einzubrechen, sie wird von einem Fussballverein Ajax benutzt, ein Fussballclub des Slums. Clúdio möchte mit diesen Menschen zusammenarbeiten. Spontan haben sie angefangen die Halle zu renovieren. Hier wird in wenigen Tagen unsere Abschlussveranstaltung stattfinden.

Nachmittags treffen wir uns zum Thema der Pflanzenmedizin. Fernando wird gebeten, etwas intimer zu erzählen, welche Bedeutung in seiner Tradition die heilige Medizin hat.

Jetzt holt mich Fernando für einige Minuten voll in seinen Bann. Neben den Worten, ist es vor allem die Frequenz, wo ich weiss, dass er jetzt aus einem höheren Raum spricht. Er sagt sehr ähnliche Dinge, wie ich sie im Raum des Orakels oder in der Meditation wieder und wieder erfahre.

Er spricht vom Pachakuti, einem Begriff für eine Weltsicht, die in den Anden beheimatet ist. Es ist der Wechseln von einem Zeitalter in ein nächstes, in dem wir uns befinden. Eine Epoche geht dem Ende entgegen, eine neue wird eingeleitet. In diesem Übergang werden wir viel Sterben sehen, alles alte bricht zusammen, die Erde beginnt sich zu wehren, sie muss sich wehren. Das führt zu Umweltkatastrophen aller Art, aber auch zu seelischen Zusammenbrüchen. Die Medizin, dazu gehören Ajauwasca oder auch San Pedro, sind für sie eine Hilfe, um sich auf die Stimme der Erde zu konzentrieren, um das Wesen wahrer Gemeinschaft zu verstehen und mitzuschwingen in diesen weltweiten Übergängen.

In berührender Weise nennt der den Steinkreis von Tamera als ein Zentrum, wo sich dieses Wissen versammelt. Er sagt, dass Menschen, die sich diesem Wissen widmen, in früheren Zeiten umgebracht worden wären, jetzt aber bereitet sich eine Zeit vor, wo dieses Wissen auferstehen kann und uns allen die Kraft gibt, uns der inneren Führung zuzuwenden.

Diejenigen, die nicht wissen, dass wir eine Gemeinschaft mit allen Wesen sind und das Menschliche zu sehr ins Zentrum stellen, werden es schwer haben. Die Medizin gibt uns die Kraft sehend zu werden und uns führen zu lassen. Dazu aber ist es wichtig, die eigene Person ganz in den Hintergrund zu stellen und darauf zu hören, wann und wie sie uns ruft. Er hält den Aufbau gemeinsamer Rituale für sehr wichtig, da von hier die Kraft des überlebenswissens an uns übermittelt wird.

Am Abend, oft in Momenten wo ich denke, dass ich mich jetzt einmal zurückziehen möchte, hören wir das erste Trommeln aus der Garage. Wir werden aufgerufen zu Tanz und Musik.

Alt und Jung versammeln sich für ca. eine Stunden, die Eltern von Cláudio sind mitten unter ihnen, die Jüngste ist Sirene, die Tochter von Meike und Mustafa aus Tamera. Munter springt sie zwischen den tanzenden Paaren einher. Sie hat sich Kopfhörer aufgesetzt, weil ihr die Musik zu laut ist.

Es ist ca 11.30 Uhr als es leise wird im Haus. In der Nacht hört man das Trommeln des Regens auf dem Dach und “rolling thunder” den Donner. Im Geist schicke ich den Regen nach Tamera. Morgen um fünf Uhr stehe ich wieder auf, um die stillen Stunden des Morgens zu geniessen.